Der Gindericher Manfred Hellermann, im kleinen
Wallfahrtsdorf allen als Mani bekannt, hat vor ein einigen Jahren eine Liste
mit Zielen erstellt, die der 70-jährige kontinuierlich abarbeitet. In
Neudeutsch würde man diese Liste auch Bucket List nennen. Eines seiner Bucket
Ziele war eine Radtour quer durch Deutschland. Sein Startpunkt im sächsichen
Gölitz in der Oberlausitz, wählte er nicht zufällig. Ein befreundeter Nachbar
reist beruflich regelmäßig nach Polen und kommt direkt an Görlitz vorbei. Er
könnte ihn mitnehmen. Nun bestand die Aufgabe darin, die Reisepläne von Nachbar
Pietro mit der Langzeit Wetterprognose in Einklang zu bringen. Am Sonntag, den
18. August ging es dann endlich los. Das E-Bike von Mani sicher im Anhänger verstaut,
startete das Abenteuer erst mal mit einer längeren Autofahrt. Aber auch diese
war alsbald überstanden, so dass Mani nach einer Übernachtung in Gölitz, seine
Radreise am Folgetag beginnen konnte.
Zunächst folgte er der Lausitzer Neiße in Richtung Norden.
Die Neiße ist im Osten in weiten Teilen identisch mit der Deutsch/Polnischen
Grenze. Bei Eisenhüttenstadt, nachdem die Neiße in die Oder mündet, wechselte Mani
das Gewässer und fuhr an dem Oder-Spree-Kanal in Richtung Berlin. Bei seinen
Etappenstopps an der Lausitzer Neiße hatte er tolle Begegnungen mit vielen netten
und zuvorkommenden Menschen. Zumeist wohnte er bei privaten Vermietern, welche
ihm, besorgt um sein leibliches Wohlergehen, am nächsten Morgen mit üppigen
Verpflegungspaketen auf die Reise schickten. Fürs Abendessen wechselte er auch
schon mal auf die andere Seite der Neiße, um sich von den Gaumenfreuden im
benachbarten Polen verwöhnen zu lassen.
Von Süd-Osten her näherte er sich dann am Abend des fünften
Tages Berlin. Den Plan, einen alten Freud in Berlin zu besuchen, musste er verwerfen,
denn dieser befand sich aktuell in der Sommerfrische an der Ostsee. Also schnell
weiter, teils entlang der Spree, durch die verkehrsreiche Stadt. Ein
Fahrradkurier half ihm dabei, die kurzzeitig im Großstadtdschungel verlorene
Orientierung wiederzuerlangen. Dieser lotste Mani über einige Kilometer durch den
Hauptstadtkern, bis ein erneutes Verfahren eigentlich nicht mehr möglich erschien.
Die Großstadt hinter sich gelassen, ging es entlang der
Havel und dem Elbe-Havel-Kanal in Richtung Magdeburg. In Magdeburg angekommen,
stand die Besichtigung des gotischen Doms, welcher auch gleich die Grabkirche
von Otto dem Großen ist, auf den Plan. Am nächsten Morgen war der Mittellandkanal
sein Begleiter in Richtung Westen. Auf dieser Etappe kam er auch direkt an den
Werkstoren von VW in Wolfsburg vorbei.
Am sog. Nasse Dreieck bei Bergeshövede im Tecklenburger Land
wechselte er vom Mittelland auf den Dortmund-Ems-Kanal.
Ein Erlebnis im Emsland bereicherte sein Reisetagebuch um
eine weitere kleine Episode. Nachmittags kam er auf einem großen und einsam
gelegenen Bauernhof an. Hier hatte er ein Gästezimmer für die Nacht gebucht.
Anstatt von der Vermieterin, wurde er von der 5-jährigen Bauerntocher und ihrem
Hund empfangen. Sie forderte ihn forsch auf, dass er sich doch auf die Bank
setzen und ausruhen solle. Ihre Mutter würde irgendwann ja wiederkommen. Nach
kurzer unruhiger Rast entdeckte Mani dann doch die vorsorgliche schriftliche
Notiz seiner Vermieterin, dass er das Zimmer auch in ihrer Abwesenheit einfach schon
beziehen solle. Dieses wurde von der Kleinen dann nur trocken mit, „Wer lesen
kann ist klar im Vorteil“ kommentiert. Die Souveränität und gewitzte
Schlagfertigkeit der kleinen Bäuerin bringt Mani heute noch zum Schmunzeln.
Für die letzte Etappe seiner Reise wurde bei Datteln noch
einmal der Kanal gewechselt. Entlang des Wesel-Datteln-Kanals ging es in
Richtung Heimat. Genau nach 14 Tagen und 1.160 mit dem Rad zurückgelegten Kilometern,
kam Mani wieder in seinem geliebten Heimatdorf Ginderich an. Sein E-Bike hat
die Strecke ohne Pannen gemeistert. Lediglich einmal versagte der Akku seinen
Dienst, da aufgrund von Umleitungen die Tagesetappe dann doch länger ausfiel
als geplant. Für die Zimmerbuchungen nutze er jeweils täglich sein Smartphone,
welches er seit gut einem Jahr besitzt.
Wenn Mani von seiner Reise erzählt, klingt ein wenig Stolz
über die zurückgelegte Leistung mit. Interessant ist, dass er sich im Wesentlichen
immer entlang von Flüssen und Wasserstraßen orientiert hat. Eine einfache Karte
mit der Übersicht des Wasserstraßenschifffahrtsnetzes hat ihm ein Bekannter besorgt.
Basierende hierauf hat er auch schon die nächste Reise geplant. Aber dafür muss
es erst einmal wieder besseres Wetter werden.